Die erfolgreiche Delegation

1. Instrument der Agenturentwicklung: Die Delegation

Im Beitrag „Agenturen im Wachstum“ beschreibe ich, dass sich eine Agentur im Wachstum über Ziele und Strategien, über Zusammenarbeit und Kundenkommunikation sowie über ihre Prozesse im Klaren sein muss sowie ihre Finanzen im Griff haben: Agenturentwicklung als Chefsache.

Dennoch wird diese wichtige Aufgabe von Agenturinhaberinnen manchmal arg vernachlässigt. Die Gründe sind naheliegend. Zu sehr dreht sich die gesamte Agentur um die „Pionierpersönlichkeit“, an der alles hängt. Die Agentur bewegt sich – und verharrt mitunter – in der Pionierphase (1). Agenturmacher*innen müssen lernen, sich aus dieser Rolle zu verabschieden und mehr Verantwortung auf mehrere Schultern zu verteilen.

Was ist Delegation?

Wer sich mit der Entwicklung des Unternehmens und strategischen Fragen auseinandersetzen will, braucht dafür Zeit und Raum. Delegation heißt das Zauberwort und bedeutet Rückzug aus manchen operativen Prozessen. Bei wie vielen Schulterblicken müssen Sie tatsächlich dabei sein?

Im Harzburger Modell (2) ist Delegation Basis ihres Führungsmodells Management by Delegation (MbD). Motivation von Mitarbeitenden durch Delegation von Verantwortung und Übertragung selbständiger Aufgabenbereiche. Mitarbeitende werden danach befähigt, eigenverantwortlich und selbständig Entscheidungen zu treffen. Die Geschäftsführung oder Teamleitung greift in der Regel nicht in die Arbeit des Mitarbeiters, der Mitarbeiterin ein, sondern konzentriert sich auf die eigenen (Führungs-)Aufgaben.

Auch in agilen Leadership Konzeptionen oder New Work spielt Delegieren eine wichtige Rolle. In der Projektmanagement-Methodik SCRUM wird dafür auch der Einsatz eines „Delegation Poker“ empfohlen. Es wird davon ausgegangen, dass „jegliche Form der sinnvollen Delegation von Aufgaben und Entscheidungsgewalt die Selbstbestimmung der Geführten“ (3) stärkt und so zu mehr Eigenverantwortung und in der Konsequenz zu besserer Teamarbeit führt. Durch Delegation geben Sie Ihren Mitarbeiter*innen das Vertrauen, dass sie die Herausforderung schaffen und Verantwortung tragen können. Mitarbeitende, denen Verantwortung übertragen wird, sind motivierter, arbeiten eigenständiger und denken mit. Ihren Mitarbeitenden macht das Ganze einfach mehr Spaß, wodurch wiederum die Leistungsfähigkeit des Teams steigt. Delegation ist damit eine Chance und ein Gewinn für alle.

Was sind die Vorteile?

Jenseits dieser Bedeutung der Aufgabenteilung für die gesamte Organisation, ist die Fähigkeit zur Delegation auch die Basis dafür, sich selbst als Führungskraft überhaupt in die Lage zu versetzen, die Vielzahl Ihrer eigentlichen Aufgaben, Zuständigkeiten und Herausforderungen überhaupt bewältigen zu können. Sie gewinnen also Zeit für das Wesentliche.

Wenn Sie Aufgaben abgeben, haben Sie mehrfach etwas davon:

  • Sie können sich – wie schon erwähnt – auf wesentlichere und Ihrer Funktion entsprechende Aufgaben konzentrieren.
  • Dadurch schaffen Sie Ihre wichtigen Aufgaben – und auch noch mit weniger Stress.
  • Sie arbeiten an Ihrer Führungskompetenz und an Ihrem Team, da Ihre Mitarbeiter*innen motivierter sind (siehe oben).
  • Sie steigern Ihre eigene Effizienz und die Ihres Teams und tragen ggf. durch die Aufgabenübertragung an die besten Spezialist*innen zum Agenturerfolg bei.

Voraussetzung hierfür ist, dass Sie die richtigen Aufgaben an die richtigen Mitarbeitenden delegieren und dass Sie die notwendigen Informationen übergeben. (Siehe weiter unten.)

Dies folgenden Schritte gelten natürlich nicht für jede kleinen Aufgabe. Wobei… Ich habe Agenturinhaber*innen kennengelernt, die sich auch um den Austausch der Glühbirnen selbst gekümmert haben…

Wie funktioniert delegieren?

Dabei geht es in der Delegation nicht nur um die Aufgabe, das Ding an sich, sondern auch um die Übertragung der Befugnisse, die benötigt werden, um die Aufgabe ausführen zu können. Sie müssen sich vor der Delegation Gedanken machen um die Kompetenzen, die für die Aufgabenumsetzung benötigt werden, damit es auch funktioniert und gleichzeitig behalten Sie die Verantwortung für die Realisierung und die Zielerreichung.

Sie müssen also zunächst Antworten auf die folgenden Fragen finden:

  1. Welche Aufgaben wollen Sie delegieren?
  2. Welche Kompetenzen sind für die Aufgabenerfüllung nötig?
  3. Wer kann die Aufgabe infolgedessen übernehmen?
  4. Woraus besteht die Aufgabe genau und wie soll das Ergebnis aussehen?

Sie kennen es aus dem Projektmanagement. Gut geplant ist halb gemacht!

Welche Aufgaben wollen Sie delegieren?

Machen Sie sich zunächst Gedanken um die Tätigkeiten, die Sie einschränken und daran hindern, sich um Ihre eigentlichen Aufgaben als Geschäftsführung oder Teamleitung zu kümmern. Müssen Sie bei jedem Schulterblick anwesend sein oder kann das die Projektmanagerin auch ohne Sie? Ist das Layout wirklich nur gut, wenn Sie es nochmals geprüft haben oder kann das der AD allein? Lohnt sich nicht die Einstellung einer Buchhalterin oder wollen Sie sich weiterhin um jede Rechnung selbst kümmern? Machen Sie sich dafür bewusst, welche Herausforderungen vor Ihnen und der Agentur stehen und was wirklich in Ihren Verantwortungsbereich gehört.

Welche Kompetenzen sind für die Aufgabenerfüllung nötig?

Im zweiten Schritt stellen Sie sich die Frage, warum Sie bisher geglaubt haben, dass nur Sie diese Aufgaben richtig umsetzen können. Was hat Sie dazu befähigt? Leiten Sie daraus die Fähigkeiten ab, die eine andere Person erfüllen muss, damit sie der Aufgabe gewachsen ist. Bedenken Sie dabei aber auch, dass auch Sie erst in die Aufgabe hineinwachsen mussten. Beziehen Sie also das Entwicklungspotential der Mitarbeiterin, des Mitarbeiters in die Überlegung mit ein.

Wer kann die Aufgabe übernehmen?

Als gute Führungskraft wissen Sie, welche Positionen in Ihrer Agentur mit welchen Mitarbeitenden – ergo Kompetenzen, Fachwissen und Skills ausgestattet sind. Und Sie kennen das Potential Ihrer Mitarbeitenden. Haben Sie also erst einmal mit dem vorhergehenden Schritt die benötigten Kompetenzen und Skills identifiziert, sollte es Ihnen leicht fallen, die richtige Zielperson zu benennen.

Woraus besteht die Aufgabe genau und wie soll das Ergebnis aussehen?

Im letzten Schritt bestimmen Sie, wie die Aufgabe in Detail aussieht und beschreiben das Ergebnis. Also was erwarten Sie, wenn Ihnen die Aufgaben als „erledigt“ zurückgegeben wird. Dazu brauchen Mitarbeitende, die Aufgaben übernehmen sollen, natürlich auch den Zugang zu allen benötigten Informationen.

Überlegen Sie dabei jedoch auch, ob die Aufgaben nur ein einziges konkretes Ergebnis hat oder haben muss. Oder ob es eine Aufgabe ist, an deren Ende zwar ein messbares Ziel steht, aber kein 100% bestimmbares Ergebnis. So geben Sie Ihrer Kollegin oder Ihrem Kollegen die Chance, sowohl den Weg dorthin selbst zu entwickeln als auch das konkrete Ergebnis zu gestalten. Was sicherlich motivierender ist, als einfach nur eine vorgegebene ToDo-Liste abzuarbeiten. Wenn Sie mutig sind, überlegen Sie, ob Sie nicht gleich ein ganzes Aufgabenfeld übergeben. Denn es wirkt sich positiv auf die Motivation aus, wenn Aufgaben, möglichst vollständig übergeben werden, und nicht nur isolierte Teilaufgaben. Ein Prinzip, das auch in der Rollen- und Stellenbeschreibung angewendet werden sollte. Erst dadurch können Mitarbeitenden „das Große und Ganze“ erkennen und sehen, wie sich das einzelne Tätigkeitsfeld in den Gesamtbetrieb der Agentur oder eines Teams, einer Abteilung einfügt.

Beispiel für eine Checkliste zur Delegation

Aufgabenübergabe

Bereiten Sie das Gespräch zur Aufgabenübergabe gründlich vor: Eine klare Beschreibung der Aufgabe und eine saubere Kommunikation sind die Basis einer guten Delegation. Überlegen Sie auch, ob es Gründe geben könnte, dass der oder die Angesprochene die Aufgabe ablehnt. Wie bei einem guten vorbereiteten Mitarbeitergespräch informieren Sie rechtzeitig über Anlass und den Termin.

Die Agenda für das Gespräch lautet also:

  • Benennung der Aufgabe(n), die übergeben werden soll(en) und wozu diese wichtig ist.
  • Warum Sie denken, dass diese Mitarbeiterin, dieser Mitarbeiter genau richtig ist für die Aufgabe.
  • Besprechung der Ziele und der Rahmenbedingungen, wo die notwendigen Informationen zu finden sind, wer ggf. unterstützen kann – und dass sie auch bei Ihnen selbst nach Rat und Unterstützung fragen können. Gegebenenfalls können Sie auch Weiterbildung anbieten.
  • Information über die Freiräume: dass z.B. der/die Mitarbeiter*in über die geeigneten Maßnahmen entscheidet.
  • Klärung, wie oft, wie und wann Sie Feedback zum Stand erwarten.

Bitte beachten: Gerade in Agenturen gibt es niemanden, der oder die Däumchen-drehend herumsitzt und sehnsüchtig darauf wartet, neue Aufgaben übertragen zu bekommen. Sprechen Sie also mit der Zielperson auch über ihr Zeitbudget – und geben Sie Anregungen, wie diese ihrerseits Aufgaben delegieren kann. (By the way: Machen Sie das mit allen Mitarbeitenden – und schon sind Sie auf dem Weg zu einer Rollenbeschreibung für alle und einem Organigramm Ihrer Agentur … 🙂 )

Mit all diesen Schritten sollte Sie in der Lage sein, die Führungsaufgabe Delegation in Angriff zu nehmen und sich und die Agentur zu entlasten!

Nachwort: Es fällt schwer Verantwortung zu übertragen?

„Delegation setzt voraus, dass bei einer Führungskraft der Wille (…) vorhanden ist, Aufgaben aus dem eigenen Verantwortungsbereich überhaupt an einen Mitarbeiter zu übertragen.“ (4) Wenn Sie glauben, Sie müssen alles selbst machen und es Ihnen womöglich grundsätzlich schwerfällt, Verantwortung abzugeben, lohnt sich ein Blick auf den Artikel „Warum es sich lohnt zu delegieren und wie du damit Erfolg hast“ von Ivan Blatter.


Anmerkungen

1 Erste Phase in der Entwicklung von Organisationen nach dem Trigon-Konzept der Organisationsentwicklung
2 Die Modelle an sich sind nicht Gegenstand dieses Beitrags
3 Nico Rose. Arbeit besser machen
4 Henry Walter Handbuch Führung


© Beitragsbild by Geralt from Pixabay

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